Politik und Theater Kopieren
Ich bin kein Politiker. Ich bin Schauspieler. Aber ich glaube, dass beide Berufe mehr Ähnlichkeiten haben, als man denkt.
Wenn ich darüber nachdenke, was Kultur und Demokratie miteinander zu tun haben, beginne ich bei mir selbst und meinem Beruf des Schauspielers.
Ich habe das Theater spielen angefangen, weil es mir Spaß gemacht hat, in andere Figuren zu schlüpfen, unbekannte Welten zu erkunden, mich den wildesten Fantasien hinzugeben und gemeinsam mit anderen Menschen auf der Bühne Geschichten zu erzählen, die berühren, verstören, lustig oder tragisch sein können. An Grenzen zu stoßen, die mich Überwindung kosten, danach aber freier machen. In meinem Herzen. In meinem Kopf.
Theater funktioniert nicht ohne Publikum. Denn ich brauche jemanden, dem ich diese Geschichten erzählen kann.
Theater ist live, unmittelbar und greift den Zuschauer direkt an. Es begeistert ihn, kann euphorische Gefühlsstürme auslösen oder lässt ihn kalt, weil er auf der Bühne etwas sieht und erzählt bekommt, zu dem er keinen Zugang findet.
Wir Theaterschaffende versuchen immer wieder aufs Neue gesellschaftliche Strukturen offenzulegen, uns kritisch mit uns und unserer Umwelt auseinanderzusetzen. Fragen zu stellen, Antworten zu finden, nicht zu belehren, aber doch unsere Meinung laut kundzutun. Auch auf die Gefahr hin, dass es einige Zuschauer gibt, die empört den Saal verlassen, weil wir es gewagt haben, ihren Schiller oder Goethe zu verhunzen. Ich erinnere mich an eine Vorstellung, Kabale und Liebe, wo ein Zuschauer lauthals brüllte: der arme Schiller, der arme Schiller, das hat der so nicht gemeint.
Oder Schüler+innen, die auf einen Bühnen-Kuss so heftig mit Lachen reagiert haben, dass an ein Weiterspielen für uns Spieler+innen nicht mehr zu denken war.
Hermann Hesse schreibt: Wer geboren werden will, muss eine Welt zerstören.
Ich will damit sagen, wir rütteln auf, emotional, an Altem, Verstaubtem und lassen Neues entstehen, treten für die Schwachen ein und verurteilen die Starken, zeigen eine weiche, menschliche Seite an einem Hitler und was Abgrundtiefes und Hässliches an dem Gretchen. Hinterfragen Systeme und Überlebensmechanismen, wollen politisch sein, ohne die einen zu vergraulen und die anderen zu bestätigen.
Für mich ist Theaterspielen und als Zuschauer ins Theater gehen Demokratie.
Für mich ist Kultur und Demokratie nicht voneinander zu trennen.
Wir finden heraus, wie wir gemeinsam leben, leben wollen und welche Werte uns wichtig und unwichtig erscheinen.
Und das Theater ist für mich nur ein Beispiel von gelebter Kultur. Ich finde sie auch an unzählig vielen anderen Orten, Kultureinrichtungen, Bildungsstätten, ja selbst in einem Café auf der Straße, in dem sich die Menschen treffen, streiten, lachen, diskutieren und weinen. In verschiedenen Sprachen. Aufgewachsen in den unterschiedlichsten Kulturen. Einfach miteinander sind und eine Gemeinschaft bilden, und wenn es nur auf eine Tasse Espresso oder beim Blumenkauf im Blumenladen ist.
Kulturelle Vielfalt. Buntes Miteinander. Wir sind die Vielen. Wir grenzen nicht aus, sondern laden ein. Wollen eine offene Gesellschaft, Jeder und Jede ist willkommen. Das sind alles großartige Vorhaben und Ziele, nur gestaltet es sich in der Realität leider anders und ist praktisch nur schwierig umsetzbar.
Kultur ist für mich ein miteinander verbinden. Und ein zulassen aller Meinungen, Ansichten und Werte. Denn wir sind einzigartige Individuen, geprägt durch unsere ganz eigene Biografie, durch das Schicksal oder das Glück und gewollte oder unfreiwillige Entscheidungen. Manchmal sind wir gezwungen so zu handeln, wie es nicht angesagt ist oder der Mainstream es vorgibt.
Und das Theater, die Kultur, ist für mich Bildung. Bildung ist notwendig, um unsere Demokratie zu schützen.
Ich will, dass es allen Menschen möglich ist, die bestmögliche Bildung zu erlangen. Dafür brauchen wir ein flexibleres, individuell zugeschnittenes Bildungssystem. Das in Bewegung kommt und bleibt. Bildung ist für mich Lebendigkeit.
Ich setze mich für eine Kulturvielfalt ein, um die Demokratie weiter wachsen zu lassen und dafür brauche ich alle Menschen, egal mit welchem sozialen Status, mit welchem Bildungsabschluss, mit welcher Biografie. Ich setzte mich für Orte und Räume ein, an denen Menschen unterschiedlichen Alters zusammenkommen können, um gemeinsam über das Leben, dass wir leben wollen nachzudenken, um Pläne zu erstellen, es praktisch umsetzen zu können. Für Orte, an denen wir uns unterhalten lassen, lachen und weinen können. Zum Nachdenken und Abschalten angeregt werden.
Ich setzte mich für Bürgerzentren und Gemeindehäuser, für verrauchte Eckkneipen und Kinos, für den Skaterplatz und die Parkbank ein.
Ich will, dass Kultur und Bildung für alle zugänglich ist.
Ich bin motiviert und habe Bock, mich für diese Themen einzusetzen. Vor allem da, wo sie nicht selbstverständlich sind, ja sogar überhaupt keinen Platz im Alltag und Leben der Menschen finden. Weshalb ich es toll finde, für den Wahlkreis 46 zu kandidieren.